Wenn man die Anzahl der Surf & Yoga Camps zu Grunde legt, die Jahr für Jahr aus dem Boden sprießen, kann man sich nicht vor dem Eindruck verschließen, dass es irgendetwas gibt, das Surfen und Yoga zu einer guten Kombination macht. Was das sein könnte und welche Yoga-Übungen für Surfer besonders geeignet sind, darüber habe ich mich mit Yogalehrerin Christine Mack in Ericera unterhalten.
Christine ist Yogalehrerin und gibt Yoga-Stunden an einem der bekanntesten Surfspotts Portugals, Ribeira D’ilhas, in Ericera. Vom Dach der Ribeira Bar, welche hier seit der umstrittenen Schließung des Ribeira Surfcamps steht, hat man besten Blick über den wunderschönen Strand, direkt auf den Spot. Für Yoga-Skeptiker ein optimaler Ort, um sich dem Thema vorsichtig zu nähern. Wenn ihr in Ericera seid und an einer Yoga-Stunde mit Blick aufs Meer zum Spottpreis teilnehmen wollt, schaut am besten mal auf Christines Facebook-Seite vorbei.
Interview über Surfen und Yoga mit Christine Mack
landratten.org: Hey Christine! Du gibt’s Yoga-Unterricht in Ericera, an einem der bekanntesten Surfspotts Portugals. Es gibt immer mehr Surf & Yoga Camps rund um den Globus. Warum passen Yoga und Surfen so gut zusammen?
Christine:
Hey Dennis !
Ja, der Trend ist mittlerweile nicht mehr zu übersehen. Das hat aber auch gute Gründe…
Die Yogapraxis eignet sich (bereits im Vorfeld) besonders gut, um Gleichgewicht, Kraft und Ausdauer zu schulen. Die unendlichen vielen Asanas (so bezeichnet man die einzelnen Haltungen im Yoga) können individuell auf die körperlichen Fähigkeiten und die Anforderungen beim Surfen abgestimmt werden.
Da Yoga ein ganzheitlicher Ansatz ist, werden auch mentale Aspekte berücksichtigt, die für das Surfen unabdingbar sind – ein gutes Konzentrationsvermögen und Lungenvolumen ist von Vorteil, wenn man es mit der Naturgewalt Meer zu tun hat!
Nach einer Surfsession eignen insbesondere regenerierende und dehnende Asanas, um den Körper zu entspannen.
landratten.org: Wie finde ich aus dem Wust der verschiedenen Yoga-Stile den Besten für mich raus? Macht eine Festlegung auf einen Stil überhaupt Sinn, oder sollte ich flexibel variieren?
Christine: Mmmh, das kommt darauf an, wie tief man in die Yogapraxis einsteigen möchte. Wenn es (nur) im Rahmen eines Yoga-Surf-Trips ist, dann sollte man sich auf das Angebot der jeweiligen Hostels und Retreats verlassen.
Wenn es tiefer gehen soll, dann würde ich immer empfehlen, verschiedene Schulen und Stile auszuprobieren. Auch beim Yoga ist die Devise: schau was Dir Spaß macht.
Die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler spielt am Ende meiner Ansicht nach die wichtigste Rolle, denn jeder Mensch tickt anders und manchmal passen Schüler und Lehrer einfach nicht zusammen. Dann lieber weiter schauen und ausprobieren…
landratten.org: Wann und wie oft plane ich als chronisch verspannter Surfer am besten eine Yoga-Session ein?
Christine: Am besten 2x am Tag im Rahmen des Surftrips.
Dir als chronisch verspannter Surfer würde ich mindestens eine Praxis NACH der Session anraten.
landratten.org: Was sind deiner Erfahrung nach bei Surfern die „Problemzonen“, welche sich gut mit Yoga-Übungen bearbeiten lassen?
Christine: Grundsätzlich sind ein stabiler Rumpf, ein starker unterer Rückenbereich und eine gut ausgeprägte Bauchmuskulatur die körperliche Grundvoraussetzung für das Surfen. Darüber hinaus ist auch die Beinmuskulatur extrem wichtig. Diese wird meiner Meinung nach oft unterschätzt. Daher eignen sich zum Beispiel stehende Asanas für die Kräftigung der Beine.
Für mich persönlich gibt es zwei entscheidende Faktoren für den Erfolg beim Surfen:
- Ich muss kraftvoll und stabil auf dem Brett stehen und
- Ich muss körperlich geschmeidig und entspannt sein, um mit der Welle ‚fließen‘ zu können
Im Yoga üben wir ‚ sthira sukham asanam ‘ was so viel heißt wie: ich stehe auf der einen Seite kraftvoll in den Asanas und übe aber gleichzeitig loszulassen, also in die Haltungen hinein zu entspannen.
Und das trifft für mich auch 100% auf das Wellenreiten zu. Wenn Du also von den ‚Problemzonen‘ der Surfer sprichst, dann würde ich sagen, dass das die größte Herausforderung ist und ein Leben lang geübt werden kann – nicht nur auf’m Brett sondern auch auf der Matte! J
landratten.org: Vielen Dank und Namaste 😉
Yoga-Flow für Surfer
Christine hat uns noch einen kleinen Yoga-Flow speziell für Surfer zusammengestellt. Jede der Übungen sollte 10 Atemzüge lang gehalten werden. Übungen, bei denen es eine links/ rechts Ausrichtung gibt, werden zunächst nur mit einer Seite durchgeführt. Danach wird der komplette Flow nochmal mit der anderen Seite wiederholt. Solltet ihr noch keine Yoga-Erfahrungen haben, macht es Sinn zunächst mit angeleiteten Stunden zu beginnen. Ich werde Christine Surf-Yoga Flow demnächst öfters mal anstelle meiner sonstigen Morgenroutine einbauen.
1. Herabschauender Hund
Dehnt den Rücken und die Bein-Rückseiten, öffnet die Schultern.
- Füße hüftbreit aufstellen, parallel zur Yogamatte
- Beine durchstrecken und Oberschenkel nach hinten drücken, den Po nach oben
- Den Rücken gerade durchstrecken
- Oberarme leicht nach außen drehen, um so die Schultern zu öffnen
- Das Gewicht ist gleichmäßig auf Hände und Füße verteilt
2. Heraufschauender Hund
Öffnet den Brustkorb und dehnt die Schultern. Bauch und Beine werden gekräftigt und der Rücken mobilisiert.
- Die Füße liegen mit dem Spann auf
- Bein- und Bauchmuskulatur sind angespannt
- Die Hüfte ist leicht nach vorne gekippt, so dass man am Lendenwirbel nicht im Hohlkreuz hängt
- Die Handgelenke sind genau unter den Schultern
- Die Schultern und Oberarme werden leicht nach außen gedreht, die Unterarme leicht nach innen
3. Ausfallschritt
Dehnt den hinteren Oberschenkel des gebeugten und den vorderen Oberschenkel des gestreckten Beins. Außerdem werden die Kraft und Stabilität der Beine trainiert.
- Das vordere Bein maximal 90° beugen
- Das Kniegelenk ist über dem Fußgelenk ausgerichtet
4. Krieger 2
Stärkt Arm-, Bein und Rückenmuskulatur sowie Fuß- und Kniegelenke.
- In einem langen Schritt nach hinten die Fersen so Aufsetzen, dass sie mit der des vorderen Fußes auf einer Linie ist. Der hintere Fuß wird dabei um 90° eingedreht, der vordere zeigt geradeaus
- Das hintere Bein ist gestreckt und die Außenkannte des Fußes wird belastet, das vordere Bein ist gebeugt
- Die Oberschenkel nach außen drehen
- Die Arme werden parallel zum Boden gerade nach vorne, bzw. nach hinten ausgestreckt
- Die Hände ziehen sich beim Ausatmen nach vorne und nach hinten immer weiter auseinander
- Bei jeder Ausatmung mit dem Becken tiefer in die Stellung sinken
5. Seitwinkel
Kräftigt die Oberschenkelmuskulatur, dehnt und stärkt die seitliche Rückenmuskulatur.
- Aus dem Krieger 2 den Oberkörper zur Seite, in Richtung des vorderen Beins beugen
- Den vordere Ellenbogen auf dem vorderen Oberschenkel absetzen, den hintere wird über den Kopf nach vorne ziehen
- Bei jeder Ausatmung den vorderen Arm weiter nach vorne ziehen
6. Stuhlposition
Stärkt die Beinmuskulatur und dehnt die Waden.
- Die Füße stehen zusammen, gerade nach vorne (In dieser Sequenz wird dazu das hintere Bein aus dem Seitwinkel nach vorne gezogen).
- Die Knie sanft zusammenpressen
- Die Arme gehen nach oben, die Oberarme werden dabei leicht nach außen gedreht
- Der Blick geht leicht nach oben
- Bei jeder Ausatmung das Becken etwas absenken und tiefer in die Position gehen
7. Boot
Stärkt den unteren Rücken, den Bauch und die Beine.
- Zunächst eine aufrechte Sitzposition, mit den Beinen ausgestreckt auf dem Boden einnehmen
- Die gestreckten Beine soweit hochheben, bis sie mit dem Oberkörper ein V bilden.
- Gleichzeitig die Arme Richtung Knie ausstrecken
8. Baum
Kräftigt die Beine, stärkt die Fußgelenke und trainiert die Balance.
- In einen festen Stand einfinden und dabei das Standbein belasten
- Das andere Bein abheben und den Fuß an der Innenseite des Oberschenkels des Standbeins absetzen
- Die Arme seitlich nach oben strecken
- Die Schultern bleiben entspannt und werden nicht hochgezogen
- Bei der Einatmung die Wirbelsäule verlängern und mit der Oberseite des Kopfes weiter nach oben streben