Der Schlüssel zu einer gelungenen Surf Session: Beobachten

Was ist da los? Erstmal beobachten.

Es gibt diese perfekten Sessions. Die Bedingungen entsprechen genau unserem Können, wir haben genug Power und das Line-Up ist leer. Die Regel ist das aber leider nicht. Für Landratten, die nicht am Meer wohnen, ist es aber Pflicht aus jeder Session das Maximum rauszuholen. Wer sich vorher die Zeit nimmt, sich ein ordentliches Bild von der Situation verschaffen, bekommt mehr Wellen, spart kraft und surft sicherer. Insbesondere, wenn die Begebenheiten rau sind und wir uns am Limit unseres Könnens bewegen. Aber auch, wenn es einfach nur voll ist und ein starker Konkurrenzkampf herrscht.

Das ist für viele schwieriger, als es sich anhört. Bei mir ist es oft so, dass ich völlig nervös werde und am liebsten sofort ins Wasser Springe, wenn ich irgendwo eine Welle sehe. Die Erfahrung hat mir aber gezeigt, dass es sich meistens lohnt, ein paar Minuten einfach geduldig zu beobachten. Ich habe kürzlich zwei Interviews gelesen, die mich in meiner Meinung zu diesem Thema bestätigt haben. Nic van Rupp hat im Magazin des Online Shops WeAre (Ausgabe Herbst/ Winter 2015/16) beschrieben, wie er sich einer schwierigen Situation nähert:

„1. Schritt: Ich beobachte den Ozean und die Wellen von außen. Ich analysiere die Strömungen und versuche die Gefahren einzuschätzen. Wenn mir gefällt, was ich sehe, mache ich mein Board fertig.
2. Schritt: Rauspaddeln
3. Schritt: Ich setze mich in den Channel und beobachte das Meer, um dort langsam ein Gefühl für die Bedingungen zu bekommen.
4. Schritt: Ich paddele näher an die Wellen heran und versuche, eine zu erwischen“

Und auch Big Wave Surferin Paige Alms schlägt im Interview auf Magicseaweed.com in die gleiche Kerbe:

„When we show up, we take a while watching from the channel. There’s no rush to jump off the ski and get in the water if you haven’t really seen what the surf’s doing yet. I think that’s when I switch over from being nervous and fearful to telling my mind and my body I got this.“

Wir sehen also, dass auch Surfer mit außerordentlichen Skills sich nicht einfach Kopflos in die Wellen stürzen. In Zeiten, in denen man alles immer „smarter“ macht (z.B. work smarter, eat smarter und natürlich paddle smarter), sollten das uns eine Lehre sein. Also erst zusehen, aus dem Gesehenen lernen und dann handeln wie ein schlauer Fuchs. Zunächst von außerhalb des Wassers und unter Umständen nochmal vom Channel aus. Unter welchen Umständen? Einleitend wurde bereits zwei Situationen genannt, in denen eine genaue Beobachtung besonders hilfreich ist: 1) Die Bedingungen sind hart und nahe an unserem persönlichen Limit, 2) Es sind sehr viele Surfer im Wasser. Und genau zwischen denen sollte man differenzieren.

Beobachten, wenn die Wellen groß und die Bedingungen schwierig sind

Bei großen, kraftvollen Wellen geht man genau wie von Nic von Rupp beschrieben vor. Zunächst von draußen für 10-15 Minuten beobachten und dann einen geeigneten Weg zum Einstieg in den Spot wählen. Wenn es einen Channel gibt, kann man sich langsam vom Channel zum Peak herantasten und sich erst wenn man verstanden hat, wie es läuft, tiefer ins Line-Up bewegen. So bekommt man ein besseres Gefühl für den Spot, was in der Regel mehr Selbstvertrauen bringt, wenn es ernst wird.

Checkliste: Beobachten vom Strand bei herausforderndem Surf:

  • Gibt es einen Channel?
  • Wie groß, wie schnell sind die Wellen? Das lässt sich nur gut beurteilen, wenn man jemanden auf einer Welle beobachten kann.
  • Bilden die Wellen Sections
  • Gibt es Strömungen, die problematisch werden können?
  • Gibt es einen Shore Break?
  • Neigen die Wellen zum Close Out?
  • Gibt es Swell aus verschiedenen Richtungen?
  • Gibt es Gefahren? Felsen, Riff, Backwash
  • Wo und wie brechen die Clean-Up Sets?
  • Wo komme ich am besten rein in den Spot? (Was machen andere Surfer?)
  • Wo und wie komme ich am besten raus? (Was machen andere Surfer?)

Checkliste: Beobachten vom Channel aus:

  • Wo setze ich mich am besten ins Line-Up?
  • Was machen die anderen Surfer?
  • Wie brechen die Wellen, muss ein steiler Drop bewältigt werden?

Beobachten, wenn der Spot voll ist

Wenn der Wellengang überschaubar ist, braucht man natürlich nicht erst ewig im Channel rumdümpeln, bevor man loslegt. Hier kann der aufmerksame Beobachter sich aber ganz andere Strategien zu Recht legen. Auch hier sollte man deshalb einige Zeit nur zuschauen, bevor man sich ins Wasser begibt. Eine Beobachtung aus dem Channel ist dann nicht mehr unbedingt möglich. Unter Umständen ist es sogar besser sich gerade einen Peak zu suchen, zu dem kein Channel führt, weil dort in der Regel weniger andere Surfer zu finden sind.

Checkliste: Beobachten vom Strand bei vollen Spots:

  • Alles, was in den anderen Auflistungen steht, gilt hier auch.
  • Gibt es eventuell alternative Peaks?
  • Gibt es eine Inside, an der weniger los ist?
  • Gibt es Gefahren? Felsen, Riff, Backwash, Surfschulen…

Beobachten ist eine Fähigkeit, die man erlernen muss

Genau wie andere Skills beim Surfen, ist auch das Beobachten Übungssache. Man kann es bei jeder Session trainieren und selbst dann, wenn man nicht selbst surft, sondern einfach nur so am Meer ist. Um noch genauer zu Beobachten und vor allem um aus seinen Beobachtungen entsprechende Handlungsweisen abzuleiten, ist es nötig, dass man zusätzlich seine „Wasserkenntnis“ und das Wissen über das Meer stetig erweitert. Nur wer eine Situation versteht, kann sie kontrollieren.

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Über den Autor

Dennis

Gründer von landratten.org. - Versucht seit 2005 seinen Mangel an Talent beim Surfen zu überwinden :-)

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